HYSTERIA
Ein Film von Mehmet Akif Büyükatalay, Deutschland 2025, Farbe, DCP 2K, 104 Minuten
Trailer
Synopsis
Die ehrgeizige junge Praktikantin Elif (Devrim Lingnau) will ihre Chance im Filmgeschäft voranzukommen, beim Dreh eines Films über den rechtsextremistischen Brandanschlag in Solingen nutzen. Um die Authentizität zu erhöhen, haben der etablierte Regisseur Yigit (Serkan Kaya) und seine Produzentin und Lebensgefährtin Lilith (Nicolette Krebitz) Bewohner aus einem nahen Heim für Geflüchtete als Komparsen engagiert. Der Fund eines verbrannten Korans nach einem emotionalen Drehtag sorgt für Unruhe und Verwirrung bei den Komparsen. Die überlastete Elif soll nicht nur die Komparsen zurück ins Heim fahren, sondern auch das analoge Filmmaterial in die Wohnung von Yigit und Lilith bringen, in der sie während des Drehs wohnt. Zu allem Überfluss verliert sie den Wohnungsschlüssel und will auf keinen Fall ihr Versehen zugeben. Nach einer Suchaktion per Aushang erhältt sie eine Nachricht des angeblichen Finders, dem sie voreilig die Adresse verrät. Aus Angst vor einem nächtlichen Eindringling bittet sie den Komparsen Said (Mehdi Meskar) zu sich, um mit in der Wohnung zu bleiben.Am nächsten Tag ist das Filmmaterial verschwunden. Jeder verdächtigt jeden und jeder hätte einen guten Grund, das brisante Filmmaterial beiseite zu schaffen. Die Emotionen kochen hoch und konträre Meinungen zu politischen und religiösen Fragen prallen voller Wucht aufeinander. Und über allem schwebt immer noch die Frage: Wer und was steckt hinter dem Diebstahl?
Mehmet Akif Büyükatalay im Gespräch
(Auszüge)
Also ist es auch eine persönliche Geschichte?
HYSTERIA ist die Fortsetzung meiner Diskussion über die Darstellung in den Medien, insbesondere in politisch und emotional aufgeladenen Diskursräumen, wie wir sie derzeit erleben. In meinem Debütfilm „Oray“ habe ich versucht, mein Recht auf eine eigene, subjektive Perspektive auf das muslimische Leben in Deutschland abseits der üblichen Bilderwelten durchzusetzen. „HYSTERIA“ handelt von der Verantwortung und den Herausforderungen bei der Produktion von Bildern der „Anderen“ unter den bestehenden gesellschaftlichen Klassenverhältnissen und Machtstrukturen – sowohl von denen, die die Bilder schaffen, als auch von denen, die zu Bildern werden – und davon, wie Bilder uns als Gesellschaft beeinflussen, so sehr, dass wir nicht mehr miteinander kommunizieren können und uns kaum noch als Menschen begegnen.
Wo sehen Sie diesen Film innerhalb der deutschen Kinolandschaft?
Trotz des theoretischen Rahmens, der auf der Orientalismus-Theorie fußt, wollte ich einen spannenden Thriller mit psychologisch komplexen Figuren erzählen. Das Publikum soll beim Betrachten des Films von der emotionalen, die Urängste aktivierenden, Intensität der zwischenmenschlichen Verstrickungen und einer spannenden Film- und Bildsprache mitgerissen werden. Das Publikum muss durch das Wirrwarr von Menschen, Sprachen und Beziehungen navigieren und sich fragen, ob überhaupt ein Urteil über die Schuldfrage gefällt werden kann. Der Film fügt sich für mich in die Landschaft des deutschen Kinos als einer der vielen aktuellen Filme, die nicht sagen: „Ich erkläre euch mal meine Kultur“, sondern sich selbstbewusst und kritisch mit diesen komplexen Themen auseinandersetzt.
Der Akt der Verbrennung eines heiligen Textes ist provokant. Wofür steht er in der Erzählung?
Es dreht sich nicht um den reinen Akt der Verbrennung, der offensichtlich ein Unfall ist. Für jeden symbolisiert der verbrannte Koran etwas Einzigartiges, beladen mit eigenen kulturellen Codes, historischen Kontexten, persönlichen Traumata, Mythen, Familiengeschichten, Wünschen und Ängsten. Für manche ist der verbrannte Koran ein Zeichen westlicher Arroganz gegenüber anderen Kulturen, eine Fortsetzung der kolonialen Haltung, für Hass auf oder Kritik am Islam. Aber dahinter steckt mehr als die postkoloniale und rassistische Lesart, denn das Verbrennen eines Korans ist auch ein Symbol für die Meinungsfreiheit. Historisch gesehen hat der Westen jahrhundertelang für die Meinungsfreiheit gekämpft und einen tief verwurzelten Glauben an die absolute, fast heilige Freiheit der Rede entwickelt, was mit dem religiösen Glauben kollidiert, dass der Koran das Wort Gottes ist und über allem steht. Plötzlich kollidieren zwei Weltanschauungen, zwei Überzeugungen, die sich im Laufe von Jahrtausenden in Teilen der Welt unterschiedlich entwickelt haben, sodass es zum Knall, zur Explosion, zum Inferno kommt.
Cast & Crew
- Ensemble
- Devrim Lignau, Mehdi Meskar, Serkan Kaya, Nicolette Krebitz, Aziz Çapkurt, Nazmi Kirik
- Regie & Drehbuch
- Mehmet Akif Büyükatalay
- Kamera
- Christian Kochmann
- Montage
- Denys Darahan & Andreas Menn
- Production Design Set
- Mayte Hellenthal
- Sound Design
- Steffen Pfauth
- Kostümdesign
- Marisa Lattmann
- Maskenbild
- Rudeina Konstantint
- Casting
- Kerstin Neuwirth
- Musik
- Marvin Miller
- Originalton
- Rene Nicklaus
- Produzenten
- Mehmet Akif Büyükatalay & Claus Herzog-Reichel
- Produktion
- Filmfaust
- Co-Produzent
- Christian Closs
- Co-Produktion
- ZDF - Das kleine Fernsehspiel
- Gefördert von
- Film- und Medienstiftung NRW, Hessen Film & Medien, FFA Filmförderungsanstalt, DFFF Deutscher Filmförderfonds